Isolation
Zugegeben, ich hatte noch nie große Probleme, mich mit mir selbst zu beschäftigen, da ich seit über 20 Jahren als Alleinbespaßer im eigenen Home Office arbeite. Ich habe aber auch schon Zeiten durchgemacht, in denen ich noch isolierter war. Von Freunden, von der Gesellschaft, von mir selbst. Ich kenne das also alles schon. Schön ist es natürlich gerade nicht, das ist klar, zumal uns eine Mischung aus Besorgnis und Angst um unsere eigene Gesundheit wie auch die unserer Liebsten umgibt, viele unserer Existenzen wirtschaftlich akut bedroht sind, und eine allgemeine Unklarheit darüber herrscht, was uns die Zukunft wohl bringen mag. Meine sieben Wochen Fastenzeit hatte ich mir ehrlicherweise etwas anders vorgestellt, mal nur so nebenbei bemerkt. Immer diese ungeplanten Herausforderungen und das ständige Steine aus dem Weg räumen. Ja, Danke auch!
Ich würde
statt dessen liebend gerne das Leben draußen feiern, mir den Wind um die
Nase wehen lassen und diese in die eine oder andere Frühlingsblüte
stecken. Die Fühler nach den ersten wärmenden Sonnenstrahlen ausstrecken
und der Natur bei ihrem unbändigen Lebenstanz zusehen. Gerade würde ich
wieder gerne am Étang de Lindre sitzen, die Störche beobachten, friedlich auf der großen Baumschaukel auf das Wasser schauen und anschließend im
Gras mit beabsichtigtem Nichtstun den Kühen auf der Weide zusehen, die
sich wahrscheinlich gerade fragen, wo nur all die seltsamen aufrecht
gehenden Zweibeiner hin verschwunden sind, und die heimlich beschließen,
dass die Welt von nun an wieder ihnen ganz alleine gehört. Es wäre in
gewisser Weise nur gerecht.
Jetzt denke ich mir jeden Tag ein
neues Mittagsgericht mit meinen Grundnahrungsmitteln aus. Vegetarisch
lebe ich schon länger, es passt irgendwie zu mir, erklären kann ich es
schlecht. Das sollte jedoch ein jeder für sich selbst entscheiden. Aber ich
lerne für mich, dass der aktuelle Verzicht im Grunde genommen ja irgendwie auch etwas mit
meiner siebenwöchigen Fastenzeit zu tun hat. Von meinen Eltern habe ich dankenswerterweise gelernt, aus wenig Zutaten Geschmackvolles auf den Tisch zu zaubern, denn auch zu Zeiten des Wirtschaftswunders war in unserer Haushaltskasse oftmals der Notstand. Ich bin also nicht besonders anspruchsvoll und geübt im improvisieren.
Übrigens kann der Mensch
gut und gerne mehrere Wochen ohne feste Nahrung auskommen, das sei nur mal
so als leiser Hinweis an die Hamster der Nation weitergegeben.
Ich habe gestern mein Brot im Bioladen bestellt, persönlich gesehen eigentlich ein purer Luxus, aber ich kaufe ja sonst nichts. Vielleicht
kommt zu meiner Besorgnis darüber, wie wir mit dieser Welt umgehen,
gerade auch die Erkenntnis, zukünftig noch mehr an Lebensmitteln nachhaltig einzukaufen und auf regionale Zulieferer umzustellen. Bei einem begrenzten Budget wird das jedoch ein Drahtseilakt werden. Trotzdem: Auf einiges zu verzichten, um sich wenig Gutes
leisten zu können, ist das Ziel, denn ich frage mich schon länger, wie lange wir uns
überhaupt noch den Luxus leisten können, im Luxus zu leben.
Natürlich
kommt es stets auf den jeweiligen Standpunkt an, von dem aus wir das
Thema betrachten, aber global gesehen steuern wir auf einen Point Zéro
zu. Bisher haben wir nämlich außer diesem einen runden ausgesprochen wunderschön gestalteten Ball namens Erde in
einem Universum aus bis dato unbewohnbaren Nachbarplaneten leider noch keine
Ausweichmöglichkeit. Anstatt dies jedoch endlich mal zu kapieren, betreiben wir fröhlich weiteren Raubbau und prügeln uns um Seife und Klopapier. Auf die dekadente Pervertiertheit mancher Geschäftemacher, die aus Elend noch Gewinn herausschlagen wollen, möchte ich hier gar nicht weiter eingehen, dass dies ein No Go ist, versteht sich hoffentlich von selbst. In meinen Gedanken sehe ich in einer entfernten
Galaxie weitaus intelligentere Spezies, die sich kopfschüttelnd wundern, warum wir
noch immer so rein gar nichts aus den bisherigen Herausforderungen
der Vergangenheit gelernt haben.
Noch haben wir vielleicht die Chance, zurück nach vorne zu rudern. Den Fokus neu einzustellen. Zu fragen. Zu sehen. Zu ändern. Zu leben. Und das Leben zu lieben, auch wenn es ab und zu mal Verzicht bedeutet.
Noch haben wir vielleicht die Chance, zurück nach vorne zu rudern. Den Fokus neu einzustellen. Zu fragen. Zu sehen. Zu ändern. Zu leben. Und das Leben zu lieben, auch wenn es ab und zu mal Verzicht bedeutet.
Aber ich sitze nicht in den Schaltzentralen dieser Welt,
und ich kann auch nicht zaubern, sonst würde ich mit einem
Fingerschnipsen alles Plastik verbannen, die Meere wieder sauber, die
Wälder wieder wild und die Luft azurblau machen. Es gäbe keine Kriege
und Ignoranten mehr, Menschen hätten ein Zuhause. Wasser wäre für alle
da und gesunde Nahrungsmittel wären längst eine Selbstverständlichkeit.
Tiere wären respektierte Partner an unserer Seite, und Bildung würde ich
über alle versprühen. Alle wären gleich und würden mit allem auskommen.
Was könnte da Wundervolles auf uns zukommen!
Ich alleine kann das alles
nicht umsetzen oder es beschleunigen, aber ich kann es herausrufen, es mit
der ganzen Kraft meines tapferen Herzens herbeiwünschen, und darauf hoffen, dass
vielleicht irgendwo irgendwer doch zuhört, die Segel setzt, das Steuer
rumreisst und unser Schiff mit dem Wind der Hoffnung in einen sicheren Hafen geleitet.
Ahoi!
In diesem Sinne, seien Sie einfach anders! Von Herzen, Martina Seresse